Selbsthilfe Primäre Hyperoxalurie

PH-Selbsthilfe
Primäre Hyperoxalurie Typ 1
Die Primäre Hyperoxalurie Typ 1 (= PH1) wird durch ein Defekt des peroxsisomalen Enzyms Alanin-Glyoxylate Aminotransferase (AGXT-Gen) verursacht, welches in der Leber Glyoxylate zu Glycin umwandelt. Fehlt dieses Enzym völlig oder ist es in seiner Aktivität eingeschränkt so wird Glyoxylat vermehrt zu Oxalat metabolisiert. Ein Teil davon wird in weiterer Folge über den Harn ausgeschieden.
Hierdurch kann es, bei Übersteigen des Löslichkeitsproduktes, zur Ablagerung von Kalizumoxalat-Kristallen in der Niere kommen. In weiterer Folge führen diese (Kristallen) zu Nierensteinen sowie Nephrokalzinose. PatientInnen mit PH1 haben die höchste Oxalsäureausscheidung im Urin im Vergleich zu PH Typ 2 und Typ 3. Damit einhergehend ist auch das Risiko eines Nierenversagens bei PH1 am höchsten.
Fällt GFR unter 30-40mL/min pro 1,73m2 steigt aufgrund der Kombination von einer Oxalsäureüberproduktion sowie einer reduzierten Oxalsäureausscheidung über den Harn das Plasma-Oxalat an. Übersteigt dieses das Löslichkeitsprodukt von 30 µmol/L kommt es zum Ausfall der Kalizumoxalat-Kristallen auch in anderen Geweben. Dies wird systemische Oxalose genannt und kann unterschiedlichste Gewebe wie Retina, Myokard, Blutgefäße, Haut, Knochen oder das zentrale Nervensystem betreffen.
PH Typ 1 ist die schwerste sowie mit 80% die häufigste Form der primären Hyperoxalurie. Die geschätzte Prävalenz ist derzeit zwischen ein bis drei Personen pro 1 Million Einwohner. Eine höhere Prävalenz ist jedoch nicht ganz auszuschließen. Es besteht Grund zur Annahme, dass die oben angeführten Zahlen in den nächsten Jahren aufgrund besserer molekulargenetischer Testmethoden noch steigen werden.
Das durchschnittliche Diagnosealter der PH1 beträgt zwischen 5 und 5 ½ Jahren. Es ist jedoch zu erwähnen, dass in der Literatur für das Erstmanifestationsalter ein Zeitraum von einem Jahr bis über 50 Jahren angegeben wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass es im Laufe des Lebens zu einem terminalen Nierenversagen kommt ist für PatientInnen mit PH Typ 1 besonders hoch.
Abhängig von Alter und nephrologischer Symptomatik können 5 klinische Krankheitsbilder unterschieden werden:
1. Kleinkinder & Oxalose (26%)
Die Symptomatik der PH1 tritt bei rund 26% der PatientInnen im Kleinkindalter auf. Bei den meisten PatientInnen kommt es bereits im Alter von sechs Monaten oder früher zu den ersten Symptomen wie Nephrokalzinose, Wachstumsverzögerung, Harnwegsinfekte oder einem akuten Nierenversagen. Letzteres kann auch bei Erstdiagnose auftreten.
2. Kinder mit rezidivierenden Nierensteinen und schnell voranschreitender Niereninsuffizienz (30%)
Bei diesen PatientInnen manifestiert sich die PH üblicherweise erstmals durch verschiedene Symptome (Nierenkolik, Hämaturie oder Harnwegsinfekte), die im Zusammenhang mit Nierensteinen stehen. Gelegentlich kann es in Folge einer bilateralen Obstruktion zu einem akutem Nierenversagen kommen. Typischerweise zeigen sich Kalziumoxalat-Steine in der radiologischen Bildgebung bilateral, röntgendicht und gehen mit diffuser Nephrokalzinose einher.
3. Erwachsene mit gelegentlichen Nierensteinen (30%)
4. Rezidiv nach Nierentransplantation (10%)
5. Zufallsbefund im Rahmen eines Familien-Screenings (10-15%)
Hierbei bestehen bei den PatientInnen zum Diagnosezeitpunkt meist wenig bis keine Beschwerden. Weiters ist eine geringere Anzahl von Nierensteine in der Bildgebung ersichtlich.
Eine frühe Diagnose ist essentiell um mit einer möglichst zeitnahen sowie intensiven Therapie das Fortschreiten der Nierenfunktionseinschränkung zu verlangsamen. Die Zeitspanne bis es zu einem terminalen Nierenversagen ist variabel und nicht zuletzt von der Restenzymaktivität und dem Ansprechen auf Vitamin B6 (Pyridoxin) abhängig. Wird nicht frühzeitig eine adäquate Therapie eingeleitet, kommt es bei circa der Hälfte aller PatientInnen bereits in jungen Jahren zu einem terminalen Nierenversagen.